Donnerstag, November 03, 2016

Labyrinth, Sextanerblase und Oscar dela Hoya (Teil 2)


Teil 1:  http://pottis-poker-blog.blogspot.de/2016/10/labyrinth-sextanerblase-und-oscar-dela.html

…die 5 Minuten Wartezeit waren vorbei und Alexander war immer noch nicht zurück. Ich konnte hier jetzt nicht mehr ruhig sitzen bleiben. Ich musste mich auf die Suche begeben, denn irgendwas war definitiv passiert. Schweren Herzens natürlich, denn wann sitzt man schon mal direkt am Ring bei einem solch hochklassigen Boxkampf?! Genau in dem Moment jedoch, als ich aufstehen wollte, knallte jemand von hinten voll auf meinen Rücken! Das war Zanders Markenzeichen. Eben andere von hinten zu überraschen und dabei mit voller Wucht auf den Rücken zu ballern. Während ich diese Begrüßung sonst eigentlich hasste, war ich in diesem Moment sogar froh, diese Vollerschütterung des Körpers erleben zu dürfen. Und Zander zwar ziemlich euphorisch! „Komm‘ mit, Potti. Ich stelle dir Susan vor“. Ehe ich große Fragen stellen konnte, war ich bereits mit auf dem Weg nach oben. Gefühlte 500 Stufen. Susan war die Frau, die am Blockeingang für die Kartenkontrolle zuständig war. Als ich völlig erschöpft bei ihr ankam, empfing sie mich bereits mit warmen Worten. „Hey, you must be Martin!? Alexander told me everything about you guys“!

Hoffentlich doch wohl nicht wirklich alles, dachte ich mir. Dass wir keine Tickets hatten und uns hier in die Arena reingeschmuggelt hatten, hat er ihr doch wohl verschwiegen! Ja, natürlich hatte er ihr das nicht unter die Nase gerieben! Als Zander den Block verließ, hatte er trotz massiven Blasendrucks die zündende Idee, Susan in ein kurzes Gespräch zu verwickeln. Dass wir extra aus Deutschland für diesen Kampf angereist waren und Boxen über alles lieben. Und es einfach ein wundervoller Abend sei, erzählte er ihr…tja und wenn jemand so eine Geschichte erzählt, dann vergisst auch Susan das Gesicht der Person nicht! Zudem hatte Susan auch Deutsche Wurzeln in vierter Generation. Und nun kannte Susan Gott sei Dank auch mich und wir hatten für den weiteren Abend grünes Licht für Ein- und Ausgang zu unserem Block… ohne irgendwas vorzeigen zu müssen! Das war im Übrigen auch eine gute Nachricht für die junge Servicekraft, die in Block A, Reihe 4 für den Getränkenachschub verantwortlich war. Von nun an konnte sie sich auf noch schneller reinrauschendes Trinkgeld für das Servieren von Gerstensaft freuen!

Mit der Zeit füllte sich die Halle und als der letzte Fight vor dem eigentlich Hauptkampf in die letzte Runde ging, waren von den 20.000 Plätzen quasi alle belegt. Außer in unserem drei Reihen á jeweils 20 Plätzen umfassenden Miniblock. In der Reihe vor uns saßen zwei und in der Reihe hinter uns auch einige Personen. Unsere Reihe war außer uns und jeweils 6-7 leeren Pappbechern unter unseren Sitzen noch komplett leer. Seltsam…dachten wir. Aber dies sollte sich recht bald ändern. Als Ringsprecher Michael Buffer (“Lets get ready to rumble!“) die beiden Protagonisten Oscar de la Hoya und Hector Camacho in den Ring rief, da füllten sich auch unsere Reihen ziemlich schnell. Und wir bekamen ein letztes Mal ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Würden wir jetzt auffliegen? Jetzt würden gleich ziemlich sicher die Personen kommen, die exakt auf unsere beiden Plätze wollen! Was sollten wir sagen? Wo sollten wir dann hin?
Michael Buffer "Lets get ready to ruuuuuuuumble"
Wir merkten sehr schnell, dass es alle keine Amerikaner waren, die sich um uns gesellten. Alles Mittel- und Südamerikaner.Wir waren im sogenannten Familienblock gelandet. Dort, wohin die Freunde und Familienangehörige der beiden Kämpfer platziert wurden. In der Reihe vor uns sowie in unserer Reihe Nahestehende von de la Hoya, die Reihe hinter uns war komplett in Puerto Ricanischer Hand. Daher kam nämlich Hector “Macho“ Camacho, der von seinen bis dato 67 Kämpfen lediglich drei verloren hatte. Er musste gegen den gebürtigen Mexikaner, aber in den USA lebenden De la Hoya ran, der nicht nur für die USA 1992 die olympische Goldmedaille gewann, sondern alle seine 25 Profikämpfe bislang gewann. Er war der Liebling der Mexikaner sowie US-Amerikaner! Unter den Zuschauern in der Halle waren gefühlt übrigens Dreiviertel Mexikaner!

Irgendwie aber ging es aus uns unbekannten Gründen irgendwie auf mit den Plätzen! Die Reihen waren voll und es kam keiner mehr! YEEESSSS! Wir konnten aus 4 Meter Luftlinie miterleben, wie zuerst die Nationalhymnen gespielt wurden und Michael Buffer anschließend die beiden Kontrahenten und ihre bisherigen Kampfrekorde vorstellte. Es knisterte nicht nur in der Halle, sondern vor allem in unserem Block! Gleich in den ersten Runden, in denen es diverse offene Schlagaustäusche im Ring gab, merkten wir sehr schnell, dass es auch in unserem Miniblock alles andere als entspannt herging. Je nachdem, welcher Fighter gerade am Drücker war, wurde es in unserer Reihe bzw. in der Reihe darunter sehr laut und emotional. Oder eben in der Reihe über uns, wenn Camacho eine seiner Schlagserien abfeuerte. Die Leute um uns herum waren nicht hier um Spaß zu haben und einen netten Fight zu sehen…es war Krieg! Und wir mittendrin! Wir machten instinktiv das einzig Richtige und hielten uns trotz toller Aktionen beider Akteure diplomatisch zurück. Was uns aufgrund der Tatsache, dass wir mittlerweile gehörig “einen sitzen hatten“ gar nicht so leicht fiel!

Sehr kurios auch die Rundenpausen, in denen der Hallensprecher immer wieder Prominente vorstellte, die in der Halle waren. Während ich es von anderen Veranstaltungen so kannte, dass man dann irgendwo nach unten schauen musste, wo der jeweilige Promi gerade aufsteht und kurz winkt, so mussten wir uns jetzt umdrehen!! Ob es Mike Tyson war, George Foreman, der kanadische Comedian Jim Carrey oder Bruce Willis…sie alle hatten schlechtere Plätze wie wir und saßen in weit höheren Reihen!
Viele Promis....die weit hinter uns saßen :) 
Vielleicht auch nochmals kurz zum sportlichen Teil des Abends. Oscar de la Hoya war der dominierende und klar bessere Kämpfer an diesem Abend. Er gewann 9 von 12 Runden und auch am Urteil, dass Michael Buffer nach 12 intensiven Runden sprach, gab es nichts zu deuteln. Das musste selbst die in der Reihe hinter uns sitzenden Familienangehörige und Freunde von Hector Camacho einsehen. Und somit blieb es in unserem Block auch Gott sei Dank ruhig.
Oscar de la Hoya gewann 9 von 12 Runden 
Der Kampf war vorbei. Aber so wirklich Lust nach Hause zu gehen hatten Zander und ich jedoch noch nicht. Irgendwie wollten wir die Sache noch toppen! Und als der Hallensprecher die Info über den Lautsprecher herausgab, wo die Pressekonferenz in genau 15 Minuten beginnen sollte, da stand für uns fest, welches Projekt wir als nächstes in Angriff nehmen würden. Wenn schon, denn schon! Als wir uns jedoch dem Bereich näherten, wohin die mit den Akkreditierungen ausgestatteten Medienvertreter gingen, sahen wir schnell, dass dort kein Durchkommen war. Gleich drei Sicherheitsbeamte kontrollierten alles und jeden. No way…!

Vermutlich lag es am Alkoholpegel, dass wir dennoch irgendeinen Weg suchten hier durchzukommen. Wir schauten uns um und entdeckten, dass auf der Bestuhlung der ersten Reihe am Ring die Beschriftungen (Row 1 * Seat 1 usw.) nur mit einem dünnen Metallschild angeklebt waren. Wir entfernten diese und pappten uns die Schildchen auf unsere T-Shirts. Sah irgendwie wichtig, wenn auch total beknackt aus. Zander mit Row1 Seat1und ich mit Row1 Seat2 auf der Brust. Und dann ging es schnurstracks in Richtung Security-Schleuse. So, als wäre es das Normalste der Welt, dass wir Durchlass bekommen müssten und die Pressekonferenz nicht ohne uns beginnen würde. Einer der Jungs schaute kurz auf unsere Brust und wollte gerade etwas sagen und uns anhalten, aber ich kam ihm zuvor: „German TV…RTL“! Das hatte zwar bereits vorher nicht gewirkt, aber irgendwie hörte es sich wichtig an. Dieses Mal funktionierte es. Er ließ uns durchgehen und wir waren im Raum, wo ca. 100 Stühle aufgestellt waren und bereits zig Presseleute darauf warteten, dass de la Hoya und Camacho zu den absolvierten 12 Runden Stellung beziehen. Wir setzten uns ganz nach vorn. In die 2.Reihe und taten so, als wenn wir wichtig wären. Und dann lauschten wir 20 Minuten, was die in den Gesichtern stark gezeichneten Fighter zu sagen hatten. Während die Jungs vor, hinter und neben uns alles in Steno mitschrieben oder ihre Diktaphone auf Aufnahme gestellt hatten, tranken wir unser nächstes Bier! Wir wollten sogar noch die eine oder andere Fragen stellen, aber das haben wir uns aus Sicherheitsgründen dann doch verkniffen.

Nach der Pressekonferenz machten wir uns auf dem Heimweg. Als wir die Halle verließen, lief uns dann jedoch noch Big George Foreman quasi direkt in die Arme. „Hi, Big George“, haute ich es sofort raus, als ich ihn erblickte. „ I am a big fan from Germany!“, und dies war nicht mal erlogen. Ich war früher zusammen mit meinem Vater für Foreman’s Kämpfe gegen Muhammad Ali oder Joe Frazier extra mitten in der Nacht aufgestanden. „I looooove Germany“, kam es vom permanent gut gelaunten Big George zurück und er gab uns den Auftrag alle seine Fans in good old Germany herzlich zu grüßen. Das mache ich hiermit!

Dann ging es allerdings wirklich nach Hause bzw. zurück in unser Hotel. Natürlich klopften wir an Rolo’s Zimmertür, denn wir hatten selbstverständlich das Bedürfnis unsere Euphorie und all das Erlebte mit ihm zu teilen. Als Rolo die Tür aufmachte, begrüßte er uns mit den Worten: „Man…ihr habt ihr habt richtig was verpasst. Der Film auf HBO war richtig gut“. Was er allerdings alles versäumt hat, dass erzählten wir ihm dann in aller Ruhe bei ein paar Bacardi-Cola im benachbarten Glitter Gulch (die Männer unter den Las Vegas Besuchern wissen Bescheid!)...!

Hier ließen wir den Abend in entspannter Atmosphäre ausklingen!



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