Freitag, Januar 19, 2018

Potti in Vegas am & im Limit (Teil 1)

Ich bin in den letzten Wochen/Monaten häufiger darauf angesprochen werden, wie mein Leben als “Pokerprofi“ damals in Las Vegas denn so war. Wie ich überhaupt auf die Idee kam nach Las Vegas zu gehen, wie die Tagesabläufe vor Ort ausgesehen haben, wie stark der Druck war und so weiter. 

Und ich habe festgestellt, dass ich in all meinen Blogeinträgen über dieses Thema bislang nicht viel bzw. sogar noch gar nicht im Detail berichtet habe. Somit hole ich dies heute nach. Je nach Schreiblaune könnten es auch zwei, vielleicht gar drei Teile werden, denn es gibt einiges an interessanten Details aus dieser sehr schönen Zeit zu berichten.

Fangen wir mal ganz von vorn an und kommen zu dem Punkt zurück, als ich überhaupt das allererste Mal mit der Stadt, in der ich dann einen Teil meines Lebens verbringen sollte, in Kontakt gekommen bin. Es war 1987 und ich hatte gerade meine Ausbildung als Programmierer erfolgreich bestanden. Mit meinem Kumpel Markus stand ein gemeinsamer USA-Urlaub auf dem Programm. Wir wollten uns nochmals richtig die Hörner abstoßen, bevor es dann endgültig und mit Volldampf ins harte Berufsleben gehen sollte. Ich im IT-Business und Markus in der KFZ-Branche. Wir hatten beide so um die 5.000 Mark gespart und das Geld sollte uns tragen so lange es geht. Und wir wollten dafür so viel sehen und erleben wie möglich. Unsere Reise war auf 6 Monate ausgelegt!

Potti - damals noch rank und schlank


Markus in Florida

Tatsächlich fing auch alles traumhaft und wie von uns erhofft an. Aufenthalte in New York, Florida, Dallas, San Francisco und Los Angeles verliefen exakt so, wie wir es uns im Vorfeld gewünscht und vorgestellt hatten. Nach ca. 5 Wochen stand dann eine Stippvisite in Las Vegas auf dem Programm. Aus ursprünglich 3 geplanten Tagen in der Wüstenstadt ist dann eine komplette Woche geworden, denn die Stadt hat uns von Anfang an total fasziniert. Aber leider haben wir in dieser Woche auch einen Großteil unseres Reisebudgets verballert. Beim Pokern! Jeden Abend zog es uns an die Tische und jeden einzelnen Abend war das Ergebnis das gleiche! Tasche leer! Ob beim Seven Card Stud oder beim Limit Holdem…wir bekamen einfach kein Bein an die Erde. Die Gegner, meistens Typen so um die 60-70 Jahre und ortsansässig, hatten einfach tierisch viel Glück - so schien es uns damals jedenfalls - und gerade in den entscheidenden Situationen immer das bessere Ende für sich. Die Woche in Vegas kostete uns ca. 2.500$ pro Person und somit die Hälfte unseres kompletten Gesamtbudgets!
Und so kam es, dass wir unseren eigentlich auf 6 Monate geplanten US-Trip aus finanzieller Not bereits nach 8 Wochen abbrechen mußten. Das wurmte mich damals sehr und ich nahm mir vor, dass ich mir die in Las Vegas gelassene Kohle früher oder später wieder zurückholen wollte. Und dies sollte mir auch gelingen…mit Zins und Zinseszins!

Zwei Jahre lang sparte ich alles an Geld, was ich verdienen konnte. Im Hauptjob als IT-Spezialist, an den Wochenenden als Taxifahrer. 1989 hatte ich dann das mir selbst gesetzte Startkapital von 6.000 DM zusammen. Ich kündigte meine Jobs und ich teilte meiner Familie mit, dass ich in die USA übersiedeln und mein Geld zukünftig in Las Vegas beim Pokern verdienen würde. Das Theater war natürlich riesengroß. Zum einen war man mit meiner Entscheidung überhaupt nicht einverstanden – ich komme aus einer recht konservativen Familie - und zum anderen traute man mir dies wohl auch nicht zu. Meine Eltern und Freunde sollten Recht behalten. 4 Wochen, nachdem ich loszog, war ich bereits wieder in Deutschland! Blank wie eine Kirchenmaus! Es hatte spieltechnisch einfach nicht gereicht und die parallel angefallenen Lebenskosten taten ein Übriges. Ich war total enttäuscht. Aber dieses Versagen motivierte mich. Ich bestellte mir Pokerbücher von David Sklansky und Mason Malmuth über Limit Texas Hold’em und las jedes einzelne Buch mindestens ein Dutzend Mal durch. Bis ich jede einzelne Passage und jede potentiell auftretende Situation aus dem Eff-Eff beherrschte. Parallel arbeitete ich wie ein Bekloppter um wieder Geld anzusparen. Tagsüber im Büro und abends sowie an den Wochenenden wieder als Taxifahrer. Knapp 14 Monate später startete ich meinen zweiten Versuch in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Dieses Mal dauerte es dann gute 6 Wochen, bis ich mein Budget unter die Leute gebracht hatte und meinen Rückflug nach good old Germany antreten mußte. Ich war einfach nicht gut genug.

Der Traum, in Las Vegas zu leben und mit dem Pokerspiel meinen Lebensunterhalt zu bestreiten, war jedoch weiterhin vorhanden, vielleicht sogar größer denn je. Wiederum besorgte ich mir einige Bücher, die ich vorwärts & rückwärts studierte um mein Wissen zu erweitern. Ich wollte es schaffen…und zwar um jeden Preis!

Den dritten Versuch startete ich dann 1991. Und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätte diese Reise einen ähnlich erfolglosen und deprimierenden Ausgang genommen wie meine beiden ersten Versuche, wenn sich nicht gleich zu Beginn des Trips einige sehr große Zufälle zugetragen hätten.

Ich war gerade mal zwei Tage in der Stadt und hatte mich wie gewohnt in einem schmierigen Motel Downtown in der Fremont Street eingenistet. Hier waren die Zimmer mit Preisen um die 100$ pro Woche überaus günstig und die Nähe zu mehreren Casinos, in denen gepokert wurde, war gegeben. Die in Kauf zu nehmende Nachteile waren ein überaus kleines und tristes Zimmer, welches man mit Kakerlaken und anderem Ungeziefer teilen musste sowie eine Nachbarschaft, in denen es von Drogendealern, Nutten inkl. deren Zuhälter und vielen anderen Klein- und Großkriminellen nur so wimmelte. Selten gab es einen Moment, wo man die lauten Sirenen eines Polizeiautos nicht hörte. Das mir in besagter Zeit außer einem kleinen Zwischenfall - bei dem ich einigen gezückten Messern ins Auge sah, nach Herausgabe von 80$ jedoch normal weiter spazieren durfte - nicht mehr passiert ist, grenzt eigentlich ebenfalls an ein großes Wunder!

Mein Zuhause während der ersten beiden Las Vegas-Trips

Es war immer was los

Abends spielte ich in Binions Horseshoe Limit Hold’em und ich war an meinem Tisch mit einem Engländer, der auch in der Stadt lebte, ins Gespräch gekommen. Er teilte mir mit, dass er einen Deutschen namens Klaus kenne, der ebenfalls seit geraumer Zeit in Vegas wohne. Und das er mir jenen Klaus gern vorstellen würde, wenn er ihn das nächste Mal sieht. Eine vermutlich von oben gewollte Fügung brachte den Zufall, dass Klaus tatsächlich kurze Zeit später das Casino betrat und der Engländer ihn auch sofort entdeckte. Er rief ihn zu uns an den Tisch und stellte uns vor. „Wo aus Deutschland kommst du her?“, fragte mich Klaus, der vielleicht 3-4 Jahre älter war als ich. „Aus NRW“, entgegnete ich. „Wo da genau?“, kam die nächste Frage. „Aus der Nähe von Bielefeld!“, und ich merkte, dass seine Ungläubigkeit größer wurde. „Ich auch“, teilte er mir mit. „Woher denn genau?“, ging es weiter. „Aus Rheda-Wiedenbrück“, fuhr ich fort und in dem Moment, wo ich die Stadt aussprach, fiel bei ihm die Kinnlade runter. „Das gibt es doch nicht“, brachte er hervor. „Ich auch!“. Und tatsächlich…er besuchte die gleichen Schulen wie ich, kannte die gleichen Lehrer, die gleichen Restaurants, usw. Wie sich später herausstellen sollte, kannten sich unsere Eltern sogar!

Nun standen wir uns am anderen Ende der Welt mitten in der Wüste & im gleichen Casino gegenüber und hatten das gleiche erklärte Ziel. Mit dem Pokerspielen in Las Vegas unser Geld zu verdienen! Es bestand jedoch ein klitzekleiner Unterschied. Klaus war bereits seit geraumer Zeit hier und spielte bereits in den höchsten verfügbaren Highroller-Limits, während ich dabei strauchelte, selbst in den kleinsten verfügbaren Limits über die Runden zu kommen. Jetzt kam der nächste große Zufall. Zwei Tage zuvor nämlich hatte Klaus mit seiner Lebensgefährtin abgebrochen und somit stand eine Hälfte seines Apartments leer. Da wir uns vom ersten Moment an sympathisch waren und zudem so viele Gemeinsamkeiten hatten, stellte er mir eine Frage, die mein zukünftiges Leben gewaltig verändern und positiv beeinflussen sollte: „Wenn du Lust hast, kannst du zu mir ins Apartment zu ziehen?“. Ich brauchte keine Sekunde überlegen…na klar ich hatte ich das! Und nicht einmal 30 Minuten, nachdem wir uns überhaupt erst kennengelernt hatten, saß ich bereits in seinem schicken Auto und wir fuhren zu meinem Motel unweit des Casinos um meine Klamotten zusammen zu packen und den Umzug klarzumachen.

Es ging den Strip hoch Richtung Caesars Palace, wo wir rechts  abbogen. Bereits einige Minuten später erreichten wir den an der Kreuzung Flamingo & Decatur gelegenen Polo Club. Mein neues Zuhause für die nächsten Jahre. Zu jener Zeit war der Polo Club sicher eine der modernsten und exklusivsten Apartmentanlagen der Stadt! Einfach traumhaft mit drei großen Poolanlagen, 2 Tennisplätzen, einem großen Fit- & Wellnesscenter inkl. Sauna sowie einem Security-Service am Eingang der Einlage, der vor ungebetenen Gästen schützte. Klaus‘ Apartment hatte zwei große Schlafzimmer, zwei Bäder sowie eine großes gemeinsames Wohnzimmer, in welches – typisch amerikanisch - eine große Küche integriert war. Was ein Unterschied zu meiner Bruchbude an der Fremont Street…und für 400$ pro Monat war es nicht einmal teurer als meine Kakerlaken-Laube.  Ich sollte mich im Polo Club, in dem wir im Übrigen sehr interessante und teils auch prominente Nachbarn hatten (dazu in einem anderen Blog mehr) sehr, sehr wohl fühlen!

Der Polo Club - eine wahre Oase
Am darauffolgenden Tag durfte ich Klaus zum allerersten Mal zu einer Highroller-Partie im Mirage Casino begleiten! Ich durfte hinter ihm sitzen und ihm die ganze Session über in die Karten schauen. Ich bemerkte schnell, dass das Pokerspiel, was ich bis zu diesem Zeitpunkt in den Micro-Limits im El Cortez, im Fremont Casino oder im Binions Downtown betrieb, nichts mit dem Spiel zu tun hatte, was ich in jener 75/150$ Limit-Holdem Partie zu sehen bekam…und ich lernte schnell…ein neuer und erfolgreicher Lebensabschnitt sollte beginnen!

to be continued

2 Kommentare:

Darf ich dich was fragen?

▪  Hi Potti, wie geht es dir? ▪  Hallo Herr Pott, Sie kennen sich doch in der Pokerszene ganz gut aus. ▪ Potti, d arf ich dich was fragen? ...